Die ersten 500 Tage als Geschäftsführer bei DATEX liegen nun hinter Björn Vetter. Zeit für eine Bestandsaufnahme.

Geschäftsführer Björn Vetter

Björn, wann hast du DATEX übernommen?

Ich habe DATEX im Juni 2021 übernommen.

Was hat dich daran gereizt, nun Immobiliensoftware für Bauträger, Projektentwickler und Architekten zu verantworten?

Zu dem Zeitpunkt war ich bereits Geschäftsführer eines IT-Unternehmens, nachdem ich 25 Jahre in und für die „Blaulichtbranche“ gearbeitet habe. Mich reizte das Neue, die Immobilienbranche als solche und eine andere Art von Kundenstruktur. Während ich bislang eher mit Verwaltungen, Beamten und ehrenamtlichen Funktionsträgern zu tun hatte und die Verkaufsprozesse sehr langwierig und in der Regel von Gremienentscheidungen abhängig waren, reizte mich der direktere Kontakt.

Weißt du noch, was du an deinem ersten Arbeitstag gemacht hast?

Vom ehemaligen Firmeninhaber wurde ich ins Unternehmen eingeführt und ich habe versucht, mir einen Überblick über Personal, anfallende Aufgaben, Prozesse usw. zu verschaffen. Und natürlich – wie sollte es auch anders sein – habe ich versucht, die eigene IT-Infrastruktur zum Laufen zu bringen. Spoiler: Das war nicht am ersten Arbeitstag erledigt.

Und weißt du auch noch, was du nach deinem ersten Arbeitstag gedacht hast?

Ich war überrascht von der Komplexität der Thematik. Unser Softwareprodukt setzt sich mit der kaufmännischen Abwicklung von Bau- und Sanierungsprojekten auseinander. Bis dato war ich der Ansicht, wenn man die Schmerzpunkte seiner Kunden kennt, kann man jede Software verkaufen. Etwas demütig habe ich gelernt, dass es dann doch nicht so einfach ist. Um ehrlich zu sein: Ich habe mich gefragt, ob ich wirklich der Richtige für diesen Job bin. Heute beantworte ich die Frage mit einem klaren „ja“.

Wie kam es zu dem heutigen “JA” zu der Frage?

Nicht zuletzt durch das anfänglich intensive Coaching durch unseren Gesellschafter Ookam und die Freiheit, vom ursprünglich angedachten Plan, den gesamten Verkaufsprozess, angefangen bei der Akquise über Präsentation und die entsprechenden Vertragsverhandlungen selbst durchzuführen, abweichen zu können. Man hat meiner Einschätzung, dass der Vertrieb anderweitig aufgestellt werden muss, vollständig vertraut und mich dabei unterstützt, entsprechende Prozesse aufzusetzen.

Wie einfach war der Generationswechsel bei euch?

Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter war das zunächst mit einer großen Unsicherheit verbunden. Sie haben recht spät erfahren, dass die ehemaligen Firmenbesitzer das Unternehmen verkauft haben und dass ein Managementwechsel stattfindet. Nachdem aber die anfänglichen Bedenken zerstreut wurden und die beiden Vorgänger im Rahmen der Übergabe der Geschäfte und Aufgabenbereiche noch lange in der Firma mitgewirkt haben, war das ein fließender Übergang – ein Prozess, der immer noch nicht gänzlich abgeschlossen ist und insgesamt voraussichtlich zwei Jahre dauern wird.

Welche deiner Qualifikationen helfen dir bei deiner Arbeit besonders?

Mein erster spontaner Impuls ist, hier „Marketing“ zu antworten. Das wäre aber falsch, denn tatsächlich war das Marketing im Blaulichtkontext ein völlig anderes, als dass man es in der eher konservativen Baubranche ebenso anwenden könnte. Was mir wirklich direkt zu Beginn sehr geholfen hat, waren solide BWL-Kenntnisse. Zahlen, Daten, Fakten der letzten Jahre zusammenzutragen und zu analysieren, Annahmen damit überprüfen, bestätigen oder auch widerlegen zu können, auf der Grundlage valider Daten Prozesse einführen zu können – das kann ich jedem nur eindringlich empfehlen.

Was war neu für dich in der Immobilienbranche bzw. Baubranche?

Im Immobilienkontext? Alles! – Nein, das wäre sicher übertrieben, die kaufmännischen Prinzipien sind zunächst einmal überall dieselben, aber tatsächlich habe ich sehr viele Spezifika aus dem Bauträgergeschäft erst durch DATEX kennengelernt. Ich hatte vorher zum Beispiel noch nie von einer „Bauabzugssteuer“ oder einem „Gewährleistungseinbehalt“ gehört.

Welche Änderungen hast du als erstes umgesetzt?

Zunächst habe ich mit jeder Kollegin und mit jedem Kollegen ein Einzelgespräch geführt und unter anderem auch die Frage gestellt, was sie an meiner Stelle als erstes ändern würden. Im Großen und Ganzen waren Sie durchweg mit der Firma sehr zufrieden und hatten die Hoffnung, mit mir genauso gut arbeiten zu können wie mit meinen Vorgängern. Die innerbetriebliche Informationspolitik war ein Punkt, der angeprangert wurde. Meine erste Maßnahme war eine Veränderung der Kommunikationsstrukturen, die Einführung eines Jour Fixes unter Beteiligung aller Abteilungen. Mehr oder weniger regelmäßig, da ich auch der festen Überzeugung bin, dass man sich nicht um des Besprechens Willen besprechen muss.

Was ist dir dabei wichtig?

Meine Maxime lautet: jede bzw. jeder Mitarbeitende soll genau die Informationen haben, die er oder sie benötigt, aber auch einen Gesamtüberblick über die wichtigsten Vorgänge im Unternehmen. Und es muss für eine redundante Aufgabenverteilung gesorgt sein – niemand darf unersetzlich sein und Projekte durch einen beispielsweise krankheitsbedingten Ausfall gefährden. Wissen darf nicht auf eine Person zentriert sein – es muss jedem zugänglich sein.

Gibt es etwas, das du rückblickend anders gemacht hättest?

Ich kämpfe noch heute mit Datensilos – wir erfassen an zu vielen verschiedenen Stellen Daten von Interessenten und Kunden, eine Kontakthistorie gibt es derzeit anlassbezogen, wenn beispielsweise ein Ticket im Rahmen einer Supportleistung geschrieben und bearbeitet wird, nicht aber ein allumfassender Gesamtüberblick über jedwede relevante Korrespondenz. Ich hätte dieses Problem sehr viel schneller angehen müssen – denn von alleine erledigt es sich mit Sicherheit nicht.

Welche deiner Prinzipien sind Bestandteil der Firmenphilosophie geworden oder sollen es werden?

Eine offene Fehlerkultur. Wo gearbeitet wird, da passieren Fehler, das lässt sich nicht vermeiden. Die Wiederholung dieses Fehlers lässt sich allerdings vermeiden, indem man offen damit umgeht. Ich hoffe, dass sich das noch sehr viel weiter durchsetzt und wir alle im Unternehmen noch mehr gegenseitig voneinander lernen als wir es ohnehin bereits machen.

Software für Bauträger – Kommt eure Firmenkultur von der Software oder vom Bau?

Unsere Vision ist: „Wir digitalisieren alle kaufmännischen Prozesse im Bauträgergeschäft und helfen Immobilienprofis, profitabel zu arbeiten und alle Kennzahlen stets fest im Griff zu haben!“ Es ist unsere Mission, Bauträgern und Projektentwicklern ihre betriebswirtschaftlichen Prozesse derart zu vereinfachen, dass alle Mitarbeitenden stets in Echtzeit genau die Daten zur Verfügung haben, die sie für ihre Aufgaben benötigen. Unsere Hauptanliegen sind, Interessentinnen und Interessenten zu begeistern und unsere Kundinnen und Kunden zufrieden zu stellen und ihr Feedback zur stetigen Qualitätsverbesserung in AMADEUS einfließen zu lassen. Diese Vision und Mission prägen unsere Unternehmenskultur und verschaffen uns die Möglichkeit, intern zwischen den Abteilungen und selbstverständlich auch nach außen hin zu Kunden und Interessenten stets auf Augenhöhe zu agieren.

Gibt es ein Highlight, an das du dich gerne erinnerst?

In meiner Anfangszeit bei DATEX habe ich begonnen, Kontakt mit Bauträgern, z.B. in LinkedIn aufzunehmen. Ich kam mit verschiedenen Geschäftsführern ins Gespräch und einer sagte mir dann, dass er langjähriger Kunde von DATEX sei. Peinlich genug, dass ich das nicht wusste, aber bei tausenden Kunden kann das passieren. Er erzählte mir, dass er die Geschäfte im Familienbetrieb von seinem Vater übernimmt und sich noch daran erinnern kann, wie mein Vorgänger mit seinem Vater zu Hause am Esstisch saß und die Zusammenarbeit begann. Ohne AMADEUS, so seine Überzeugung, wären sie im Chaos versunken. Eine nette Anekdote, die mir hilft, den Fokus auf das Wesentliche zu richten: Wir helfen Bauträgerunternehmen in ihrer täglichen Arbeit und sind bei unseren Kunden aus dem betrieblichen Alltag nicht wegzudenken.

Was gefällt dir an eurer Immobilien-Software besonders gut?

Man kann nahezu jeden denkbaren Geschäftsvorfall, jeden Prozess abbilden. Man hat die Möglichkeit, alle im System erfassten Daten entweder in Form von hunderten von uns vordefinierten oder in eigenentwickelten Reports in jeder gewünschten Detailtiefe darzustellen. Somit ist es möglich, einen Echtzeitüberblick auf der Mikroebene des Projekts bis zum Einzelgewerk herunter oder aus der Makroebene über mehrere oder alle Projekte hinweg darzustellen.

Warum sollte ein Bauträger, Architekt oder Projektentwickler Kunde bei euch werden?

Die DATEX ist seit 30 Jahren am Markt. Das merkt man AMADEUS an. Wir haben in den letzten Jahren gelegentlich Kunden an Wettbewerber verloren, denen unser Programm zu „altmodisch“ war (Spoiler: Wir arbeiten an einem Redesign der on-prem-Software und an AMADEUS.web als cloudbasierter Browserlösung) – aber tatsächlich kamen auch Kunden wieder zurück zu uns, die AMADEUS attestieren, in vielen Bereichen dem Wettbewerber weit voraus zu sein, insbesondere im Bereich Kostenkontrolle. Wir haben einen sehr großen Vorsprung im Know-how des Bauträgergeschäftes, sind marktnah und entwickeln AMADEUS mit unseren Kundinnen und Kunden weiter. Das sind unsere herausragenden Kernkompetenzen.

Wer sind eure Kunden?

Unsere Kundenstruktur umfasst von kleinen Bauträgerunternehmen mit wenigen Projekten im Jahr bis hin zu börsennotierten Aktienunternehmen die gesamte Bandbreite. AMADEUS ist skalierbar und als vergleichsweise günstiges Standardprodukt sofort ohne kostenintensive Abbildung von Unternehmensprozessen auch bei kleineren Bauträgerunternehmen direkt nach Unternehmensgründung einsetzbar – und kann, wo immer sinnvoll und gewünscht, individualisiert werden.

Gibt es eine technische Entwicklung, die dich überrascht hat?

Es ist eher eine kundenseitige Anforderung an die Technik, die mich überrascht hat. Tatsächlich habe ich bis vor kurzem vorausgesetzt, dass jede Software irgendwann den Weg in die Cloud gehen wird. Das ist quasi state of the art. Gespräche mit Kunden haben mir gezeigt, dass sich bei weitem nicht alle Kundinnen und Kunden eine browserbasierte Software wünschen. Das hat mich tatsächlich überrascht – meinem Wissen nach sind wir so ziemlich die einzigen der relevanten Wettbewerber auf diesem Markt, die weiterhin on-prem anbieten. Auch wenn wir mit Hochdruck an AMADEUS.web arbeiten, wird das klassische AMADEUS nicht so bald eingestampft werden, denn ich verstehe nicht zuletzt vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Krisen, einem möglichen Blackout, der auch Rechenzentren betreffen kann usw. die Bedenken unserer Kundinnen und Kunden und wir werden diese selbstverständlich berücksichtigen.

Wo siehst du DATEX mit der Bauträgersoftware AMADEUS in 10 Jahren?

Wir werden in 10 Jahren der Ansprechpartner für Bauträgerunternehmen, Projektentwickler, Generalübernehmer und Sanierer sein, wenn es um Digitalisierung und Automatisierung von kaufmännischen Prozessen geht. Wir werden der Ansprechpartner sein, der die Nachhaltigkeitsbestrebungen der Branche unterstützt, indem wir relevante Daten beispielsweise für Building Information Modelling (BIM) und Environmental Social Governance (ESG) Projekte zusammenführen und um die kaufmännische Dimension erweitern.

Was macht euer Unternehmen zu einem besonderen Arbeitgeber?

Die DATEX ist ein Team von motivierten Immobilienprofis, BWL-Experten und sehr guten Softwareentwicklern – wir bieten unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern moderne Arbeitsplätze, ermöglichen Remote-Arbeit, unterstützen Fort- und Weiterbildungen, bilden intern aus. Wir verwalten nicht den Status quo – wir sind die Benchmark für die Branche.

Wenn du einen Wunsch für das Unternehmen frei hättest, was wäre das?

Noch zwei, drei Softwareentwickler/innen und Fachinformatiker/innen, die bezahlbar sind und quasi gestern anfangen können, das wäre schon toll!

Was siehst du als größte Herausforderungen in den nächsten Jahren?

Wir sind mit unseren Produkten und Dienstleistungen vom Wohl und Wehe der Immobilienbranche, insbesondere der Bauträgerunternehmen, abhängig. Nach einem goldenen Jahrzehnt stehen wir in den nächsten Jahren mit steigenden Energie- und Ressourcenpreisen, Inflation und Zinspolitik einer vermutlich kommenden Marktbereinigung gegenüber. Sicher ist: Gebaut wird immer – und wir sind uns sicher, dass die Unternehmen, die ihre Zahlen kennen, resiliente und krisensichere Unternehmen sind.

Herzlichen Dank Björn für deine Zeit und weiterhin viel Erfolg!

Das Interview führte Nora-Marie Hetzelt von der Ookam Software GmbH

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