Die Bauabrechnung ist ein zentrales Element im Bauprozess, das die Grundlage für eine rechtssichere Abrechnung von erbrachten Leistungen bildet. Sie sorgt für Transparenz bei der Mengenermittlung, Preisfindung und Forderungsstellung gegenüber Auftraggebern und Nachunternehmern. Ein strukturiertes Verfahren – von der Aufnahme der Ist-Mengen über die Prüfung gegen Leistungsverzeichnis-Positionen bis hin zur Freigabe der Zahlungsanträge – minimiert Streitigkeiten und Nachtragsrisiken. Gleichzeitig müssen Formvorschriften aus VOB/C und BGB eingehalten sowie die Dokumentationspflichten (Aufmaßblätter, Lieferscheine, Protokolle) erfüllt werden. Im folgenden Lexikoneintrag erfahren Sie, wie Sie die Bauabrechnung effizient organisieren und typische Stolperfallen im Mengenermittlungs- und Abweichungsmanagement vermeiden.
Was ist Bauabrechnung?
Die Bauabrechnung fasst alle Schritte zusammen, mit denen erbrachte Bauleistungen in überprüfbare Mengen und Werte überführt werden. Sie beginnt mit der systematischen Mengenermittlung vor Ort oder im Büro und endet mit der Forderungsstellung gegenüber dem Auftraggeber. Ziel ist es, erbrachte Leistungen lückenlos zu dokumentieren, nach Leistungsverzeichnis (LV) zuzuordnen und rechtssichere Zahlungsanträge zu erstellen.
Wesentliche Merkmale der Bauabrechnung sind:
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Ist-Mengen vs. Soll-Mengen: Differenzierung zwischen ursprünglich ausgeschriebenen Positionen und tatsächlich erbrachten Mengen.
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Preisermittlung: Anwendung von Einheitspreisen aus dem LV oder Nachtragskalkulation bei Abweichungen.
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Nachweispflicht: Aufmaßblätter, Fotos, Lieferscheine und Prüfprotokolle als Belege für jede abgerechnete Leistung.
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Rechtsgrundlage: Einhaltung der formalen Vorgaben aus VOB/C oder BGB-Werkvertrag sowie ggf. Landesbauordnungen.
Eine saubere Bauabrechnung schafft Transparenz, vermeidet Nachforderungen und trägt entscheidend zur Liquidität sowie zur Vermeidung von Rechtsstreitigkeiten bei.
Verfahren der Bauabrechnung
Im Verfahren der Bauabrechnung werden in klaren Phasen alle abgerechneten Leistungen systematisch erfasst, geprüft und freigegeben:
Aufmaß und Mengenermittlung
- Erfassung der Ist-Mengen vor Ort anhand von Aufmaßblättern oder digitalen Erfassungstools
- Abgleich mit den Soll-Mengen aus dem Leistungsverzeichnis (LV)
Dokumentation und Belegsammlung
- Zu jeder Aufmaß-Position gehören Fotobelege, Lieferscheine, Prüfprotokolle und ggf. Leistungsmeldungen der Nachunternehmer
- Ordnen Sie alle Belege revisionssicher nach LV-Position und Datum
Prüfung und Validierung
- Bauleitung oder Kalkulationsteam kontrolliert Mengen, Belege und Einheitspreise
- Abweichungen werden dokumentiert und auf Nachtragsbedarf geprüft
Angebots- und Nachtragsbewertung
- Einheitspreise aus dem LV werden für Soll-Mengen angewendet
- Für Mehr- oder Mindermengen erstellt die Kalkulation Nachtragsangebote oder Gutschriften
Erstellung des Zahlungsantrags
- Formgerechte Zusammenstellung der abgerechneten Positionen nach VOB/C oder BGB (mit Angabe von Vertrags- und Rechnungsnummer)
- Fristgerechte Einreichung beim Auftraggeber gemäß Vertragsvorgabe
Freigabe und Auszahlung
- Interne Freigabe durch Projektsteuerung und Buchhaltung
- Nach erfolgreicher Prüfung erfolgt die Auszahlung durch den Auftraggeber
Formvorschriften & Dokumentpflichten
Die Formvorschriften für die Bauabrechnung sind eng mit den vertraglichen Grundlagen (VOB/B oder BGB-Werkvertrag) verknüpft und legen fest, wie und in welcher Frist Abrechnungsunterlagen einzureichen sind. Übliche Vorgaben sind:
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Schriftform und Fristen
Zahlungsanträge müssen schriftlich erfolgen und die Fristen gemäß Vertragsklausel (z. B. 30 Tage nach Leistungserbringung) einhalten. Bei öffentlichen Auftraggebern gelten zusätzlich die Fristen aus VOB/C Teil B (§ 5). -
Aufmaßblätter
Standardisierte Formulare, in denen Position, Soll- und Ist-Menge, Einheitspreis sowie Datum und Unterschrift der verantwortlichen Person dokumentiert sind. -
Belegpflicht
Zu jeder Aufmaßposition müssen folgende Unterlagen vorliegen und sauber abgelegt werden:-
Lieferscheine und Materialnachweise
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Fotodokumentation (Baufortschritt, kritische Maße)
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Prüf- und Abnahmeprotokolle (z. B. Schalungsabnahme, Estrichtests)
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Leistungsmeldungen von Nachunternehmern
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Rechnungsanforderungen
Jede Rechnung muss eine Rechnungsnummer, Leistungszeitraum, Leistungsempfänger und Leistungserbringer sowie eine Auflistung der abgerechneten Positionen enthalten. Bei Abrechnung nach BGB sind zusätzlich Steuer- und Bankangaben erforderlich. -
Dokumentationspflicht
Sämtliche Unterlagen sind revisionssicher zu archivieren – physisch oder digital in einem Dokumentenmanagementsystem. Die Aufbewahrungsfrist beträgt in der Regel fünf Jahre (§ 14b UStG).
Eine konsequente Einhaltung dieser Formvorschriften und Dokumentpflichten schützt vor Zahlungsrückforderungen, Verzögerungen und rechtlichen Auseinandersetzungen.
Mengenermittlung
Die Mengenermittlung ist das Herzstück der Bauabrechnung – sie bildet die Basis für die Preisermittlung und Forderungsstellung. Wichtige Ansätze und Normen:
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Flächenermittlung:
Quadratmeterangaben (m²) für Putz-, Estrich- oder Bodenbelagsarbeiten. Berechnung aus Soll- bzw. Ist-Maßen (Länge × Breite) und Abzug von Öffnungen (Fenster, Türen). -
Volumen- und Längenmessung:
Kubikmeter (m³) für Beton- oder Erdarbeiten; Meter (m) für Leitungs- und Rohrinstallationen. Nutzen Sie auch Formblätter nach DIN 18300 ff. für Erdbau und DIN 18302 ff. für Mauerarbeiten. -
Stückzählung:
Abrechnung nach Stück (Stk.) bei Fertigteilen, Installationsdosen oder Bauelementen. Achten Sie auf korrekte Stücklisten aus der Werkplanung. -
Normbezug & Toleranzen:
Mengenermittlung orientiert sich an DIN 276 (Kostengliederung) und DIN 18299/DIN 18306 (Leistungsverzeichnisse). Legen Sie Rundungsregeln (z. B. auf 0,01 m²) klar fest, um Nachrechnungen zu vermeiden. -
Aufmaßmethoden:
– Analog: Aufmaßblätter und Maßband; erfordert sorgfältige Übertragung.
– Digital: Laser-Distanzmesser mit Datenexport oder Tablet-Apps, die Maße direkt ins Aufmaßformular übernehmen. -
Dokumentation:
Jede Messung wird durch Fotobelege (mit Maßband im Bild) oder Screenshots aus der App gestützt. Zuverlässige Datensicherung (z. B. automatische Backups) stellt sicher, dass keine Messdaten verloren gehen.
Abweichungsmanagement
Abweichungen zwischen Soll- und Ist-Mengen sind im Baualltag fast unvermeidbar – sei es durch Planänderungen, Erschließungsarbeiten im Untergrund oder Toleranzen bei der Ausführung. Ein strukturiertes Abweichungsmanagement verhindert, dass aus kleineren Differenzen große Nachtragsstreitigkeiten entstehen:
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Frühzeitiges Erkennen
Richten Sie in Ihrem Abrechnungsprozess feste Kontrollpunkte ein (z. B. nach jedem Gewerksschritt), an denen Mengenabweichungen systematisch verglichen werden. Nutzen Sie digitale Tools oder Checklisten, um Differenzen sofort zu markieren. -
Dokumentation des Abweichungsgrunds
Jeder Nachtrag muss nachvollziehbar begründet sein. Halten Sie fest:-
Art der Abweichung (mehr/minder Menge)
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Ursache (planerische Änderung, Geländeabweichung, Ausführungstoleranz)
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Datum und verantwortliche Personen
Ergänzen Sie Aufmaßblätter um ein Feld „Abweichungsgrund“ und fügen Sie Fotobelege oder Planauszüge bei.
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Vertragliche Grundlage prüfen
Stellen Sie fest, ob die Abweichung unter die Nachtragsregelungen der VOB/B (§ 2 Abs. 5) oder des BGB-Werkvertrags (§ 650 BGB) fällt. Je nach Grundlage gelten unterschiedliche Melde- und Rügefristen. -
Formale Nachtragsmeldung
Reichen Sie Ihren Nachtragsantrag schriftlich und fristgerecht beim Auftraggeber ein. Achten Sie auf:-
Referenz auf ursprüngliche LV-Position
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Detaillierte Mengenermittlung (inkl. Vergleichstabelle Soll/Ist)
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Preisbemessung (Einheitspreis × Abweichungsmenge)
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Verhandlung und Einigung
Besprechen Sie den Nachtrag zeitnah in einer Abstimmungsrunde mit Bauleitung und Auftraggeber. Nutzen Sie standardisierte Formulare, um Änderungsumfang und Vergütung schriftlich festzuhalten. -
Integration in die finale Abrechnung
Sobald der Nachtrag genehmigt ist, übernimmt das Kalkulationsteam die Werte in den Hauptabrechnungslauf. Versehen Sie alle Nachtragspositionen mit einem eigenen Kennzeichen, um Transparenz und Nachvollziehbarkeit zu sichern.
Ein konsequentes Abweichungsmanagement sorgt dafür, dass Planänderungen und Ausführungstoleranzen schnell und rechtssicher abgerechnet werden. Dadurch bleiben Budget, Liquidität und Projektplanung stabil – und es entstehen weniger Konflikte bei der Schlussrechnung.
Bauabrechnung im Griff: Ihre Erfolgsformel für Rechtssicherheit und Liquidität
Mit einer klar strukturierten Bauabrechnung vermeiden Sie Nachtragsstreitigkeiten, sichern Ihre Liquidität und stellen die rechtliche Absicherung Ihres Projekts sicher. Ihre Erfolgsformel:
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Strukturiertes Verfahren
Definieren Sie von Anfang an feste Phasen für Aufmaß, Dokumentensichtung, Prüfung und Zahlungsantrag – so bleibt kein Schritt unkontrolliert. -
Formvorschriften konsequent umsetzen
Halten Sie Fristen und Anforderungen nach VOB/C oder BGB-Werkvertrag strikt ein und archivieren Sie alle Belege revisionssicher. -
Präzise Mengenermittlung
Nutzen Sie standardisierte Formblätter oder digitale Tools, um Flächen-, Volumen- und Längenmessungen fehlerfrei und nachvollziehbar durchzuführen. -
Dynamisches Abweichungsmanagement
Erkennen Sie Mengenabweichungen frühzeitig, dokumentieren Sie Ursachen und melden Sie Nachträge formgerecht – so bleiben Budget und Zeitplan stabil. -
Digitale Unterstützung
Mit AMADEUS.X bündeln Sie Aufmaßdaten, Belegmanagement und Freigabeworkflows in einer Plattform. Erinnerungen und Prüfprotokolle sorgen dafür, dass keine Frist versäumt wird.
Durch die konsequente Umsetzung dieser Bausteine verwandeln Sie Ihre Bauabrechnung vom Risikofaktor zum Wettbewerbsvorteil.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
1. Wann muss die Bauabrechnung nach VOB/C eingereicht werden?
Öffentliche Auftraggeber nach VOB/C B/B § 5 schreiben meist eine Zahlungsfrist von 30 Tagen vor, gerechnet ab dem Zugang der prüffähigen Unterlagen. Bei Nicht-Einhaltung drohen Verzugszinsen.
2. Sind Fotobelege zwingend erforderlich?
Ja. Fotodokumentationen (z. B. Maßband im Bild) dienen als Nachweis für die korrekte Mengenermittlung und verhindern spätere Nachforderungen.
3. Wie gehe ich mit geringfügigen Mengenabweichungen um?
Abweichungen bis zu 1 % können oft pauschal abgerechnet werden, wenn im Vertrag vereinbart. Darüber hinaus sollten Sie eine formelle Nachtragsmeldung vorbereiten.
4. Welche Fristen gelten für Nachtragsmeldungen?
Nachträge müssen schriftlich „unverzüglich“ gemeldet werden – in der Regel innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis der Abweichung, um Ansprüche nicht zu verlieren.
5. Kann ich Excel für die Bauabrechnung nutzen?
Ja, für kleine Projekte sind Excel-Templates geeignet. Achten Sie auf Versionskontrolle und regelmäßige Backups, um Datenverlust zu vermeiden.
6. Wie unterstützt AMADEUS.X die Bauabrechnung?
AMADEUS.X automatisiert Aufmaßerfassung, Belegmanagement und Fristenüberwachung. Erinnerungen und Workflows sorgen dafür, dass keine Unterlage oder Frist übersehen wird.

