Der Rohbau ist eine der wichtigsten und sichtbarsten Phasen eines Bauprojekts. Sobald hier die ersten Mauern stehen, wird aus Plänen Realität – das Projekt nimmt Form und Volumen an. Doch der Rohbau ist weit mehr als nur ein symbolischer Meilenstein: Er bildet das tragende Gerüst des Gebäudes und entscheidet maßgeblich über Stabilität, Funktion und langfristige Bausubstanz.
Vom Fundament bis zum Dachstuhl umfasst der Rohbau alle tragenden Bauteile eines Gebäudes – inklusive Wände, Decken, Stützen und Treppenläufe. Alles, was das Gebäude „in Form bringt“, entsteht in dieser Phase. Ein fachgerecht ausgeführter Rohbau ist die Grundlage für einen reibungslosen Ausbau und damit letztlich für termingerechte Übergaben, mangelfreie Abnahmen und zufriedene Bauherren.
In diesem Lexikoneintrag zeigen wir, was genau zum Rohbau gehört, wie die Bauabläufe strukturiert sind, welche Herausforderungen typischerweise auftreten – und warum Qualität und Koordination hier entscheidend sind.

Was gehört zum Rohbau?
Der Begriff Rohbau bezeichnet die Bauphase, in der das Tragwerk eines Gebäudes vollständig errichtet wird – ohne technische Ausbauten, Oberflächen oder Innenausstattung. Ziel ist es, eine statisch belastbare und wetterfeste Gebäudehülle zu schaffen, auf der alle weiteren Gewerke sicher und effizient aufbauen können.
Typische Bestandteile des Rohbaus:
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Erdarbeiten & Baugrube
Vorbereitende Maßnahmen wie Aushub, Gründungspolster oder Bohrpfähle bilden die Basis für den Rohbau. -
Fundamente & Bodenplatte
Sie tragen die Lasten des Bauwerks in den Boden ab. Je nach Bauweise kommen Streifenfundamente, Plattenfundamente oder Einzelfundamente zum Einsatz. -
Keller & Untergeschosse (sofern vorhanden)
Rohbauarbeiten umfassen hier auch die Abdichtung gegen Feuchtigkeit sowie die Vorbereitung für Aufzugsschächte und Hausanschlüsse. -
Tragende Wände & Stützen
Sie bilden die vertikale Tragstruktur und werden meist aus Beton, Stahlbeton, Kalksandstein oder Porenbeton erstellt – abhängig vom Statik- und Brandschutzkonzept. -
Decken & Zwischengeschosse
Als horizontale Tragglieder verbinden sie Geschosse. Hier kommen Ortbetondecken, Filigrandecken oder Fertigelemente zum Einsatz. -
Treppenläufe & Aufzugsschächte
Sie werden meist als Betonfertigteile eingebaut oder vor Ort geschalt. -
Dachkonstruktion
Ob Flachdach, Pultdach oder Satteldach – die Dachform beeinflusst nicht nur die Optik, sondern auch Statik, Wärmeschutz und spätere Nutzung.
Abgrenzung zum Ausbau
Der Ausbau beginnt dort, wo die Tragstruktur endet. Dazu zählen z. B. Dämmung, Fenster, Innenwände, Installationen, Estrich oder Trockenbau. Der Rohbau muss so vorbereitet sein, dass Ausbaugewerke nahtlos anschließen können – ohne bauliche Mängel oder Nacharbeiten.
Ein vollständiger, termingerechter Rohbau gilt als kritischer Meilenstein für die nachfolgenden Gewerke – nicht zuletzt, weil die meisten Bauzeitverzögerungen genau hier ihren Ursprung nehmen.
Bauablauf & Reihenfolge im Rohbau
Ein präzise geplanter und koordinierter Bauablauf im Rohbau ist entscheidend für die termingerechte Fertigstellung und die Qualität des gesamten Gebäudes. Die einzelnen Arbeitsschritte bauen logisch aufeinander auf und erfordern sorgfältige Abstimmung zwischen Planung, Statik, Bauleitung und Ausführung. Bereits kleine Verzögerungen oder Unstimmigkeiten können erhebliche Auswirkungen auf Folgegewerke haben.
Typische Reihenfolge der Rohbauarbeiten:
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Erdarbeiten
Aushub der Baugrube, Baugrundverbesserung, ggf. Verbau oder Wasserhaltung – Grundlage für die Gründung. -
Gründung & Bodenplatte
Einbau von Fundamenten oder Bodenplatte inklusive Bewehrung, Dämmung und Durchführungen (z. B. Leerrohre für TGA). -
Kellergeschoss / Untergeschoss (sofern vorhanden)
Betonieren von Wänden und Decken, Abdichtung gegen Bodenfeuchte oder drückendes Wasser, Lichtschächte, Entwässerung. -
Erdgeschoss & weitere Geschosse
Errichtung tragender Wände (z. B. Mauerwerk oder Beton), Einbau von Stützen, Schalung und Betonage der Decken. -
Treppe & Aufzugsschacht
Montage von Fertigtreppen oder Schalung vor Ort, Einbau von Aufzugsschachtwänden, Vorbereitung für spätere Technik. -
Dachkonstruktion
Herstellung des Dachtragwerks aus Holz, Stahl oder Beton – inklusive Ringanker, Auflager und Vorbereitung für Abdichtung. -
Rohbau-Fertigstellung
Fertigstellung aller tragenden Strukturen, ggf. provisorischer Witterungsschutz, Baustellenreinigung, Rohbauabnahme.
Zeitrahmen (je nach Baugröße):
Gebäudetyp | Rohbauzeitraum (ca.) |
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Einfamilienhaus | 4–8 Wochen |
Mehrfamilienhaus | 2–4 Monate |
Gewerbebau/Komplex | 6–12 Monate |
Je nach Witterung, Bauweise und Verfügbarkeit von Personal oder Materialien kann es zu Abweichungen kommen. Wichtig ist ein realistischer Bauzeitenplan mit Puffern für kritische Schnittstellen.
Schnittstellen & Besonderheiten
Der Rohbau ist eine komplexe Phase, in der viele Gewerke, Materialien und Fachdisziplinen zusammenwirken müssen. Gerade in dieser Phase entstehen häufig Koordinationsfehler, die sich später in Mängeln, Nacharbeiten oder Bauzeitverzögerungen niederschlagen. Umso wichtiger ist das frühzeitige Erkennen und Steuern relevanter Schnittstellen und baupraktischer Besonderheiten.
Kritische Schnittstellen im Rohbau:
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Statik & Ausführung
Abweichungen zwischen statischer Berechnung und realer Ausführung (z. B. Bewehrungsführung, Wanddurchbrüche) müssen vermieden oder freigegeben werden. Gute Kommunikation zwischen Tragwerksplaner und Bauleiter ist hier essenziell. -
Technische Gebäudeausrüstung (TGA)
Öffnungen, Leitungsführungen und Schächte müssen bereits im Rohbau korrekt positioniert werden. Ein späteres Nachrüsten ist aufwändig und fehleranfällig. -
Wärme-, Schall- und Brandschutz
Bauliche Maßnahmen zum Schutz vor Kälte, Lärm und Feuer werden teilweise schon im Rohbau vorbereitet – etwa durch Schalldämmsteine, Brandwände oder Wärmebrückenkonzepte. -
Baugrund & Gründung
Unerwartete Bodenverhältnisse, Grundwasser oder Setzungsrisiken wirken sich unmittelbar auf die Qualität der Gründung und die Dauer der Rohbauphase aus. -
Witterung & Jahreszeit
Nässe, Frost oder Hitze können Betoneigenschaften, Trocknungszeiten oder den Baufortschritt beeinflussen. Temporäre Schutzmaßnahmen (z. B. Einhausung, Folien, Frostschutz) sind oft notwendig. -
Materialverfügbarkeit & Logistik
Verzögerte Lieferungen, fehlende Kranzugänge oder Lagerflächen auf der Baustelle wirken sich direkt auf den Taktplan im Rohbau aus. Eine gute Baustellenlogistik ist daher ein Erfolgsfaktor.
Besonderheiten bei Massiv- vs. Fertigbauweise:
Massivbau erfordert längere Trocknungszeiten, bietet aber bessere Schalldämmung und Tragkraft. Fertigteile beschleunigen den Bau, erfordern jedoch exakte Planung und frühe Festlegungen – inklusive präziser Maßtoleranzen.
Fehlerquellen & Qualitätssicherung im Rohbau
Der Rohbau zählt zu den fehleranfälligsten Phasen eines Bauprojekts – und das aus gutem Grund: Viele Bauteile werden unter Zeitdruck, bei schwierigen Wetterbedingungen und in oft wechselnden Teams ausgeführt. Werden hier Fehler gemacht, sind sie später nur schwer oder gar nicht mehr korrigierbar. Umso wichtiger ist ein durchdachtes Qualitätssicherungskonzept, das nicht erst bei der Abnahme greift.
Typische Fehlerquellen im Rohbau:
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Ungenügende Maßgenauigkeit
Schiefe Wände, falsch gesetzte Durchbrüche oder nicht fluchtende Decken erschweren den späteren Ausbau erheblich. -
Fehlerhafte Bewehrung oder Betonage
Falsch verlegte Eisen, fehlende Abstandshalter oder unzureichende Verdichtung führen zu Traglastproblemen oder Rissen. -
Feuchte- und Frostschäden
Werden Bauteile ungeschützt den Elementen überlassen, entstehen Folgeschäden durch Durchfeuchtung, Algenbefall oder Ausblühungen. -
Mängel bei Schalung & Stützen
Unsaubere Schalungen oder zu früh entfernte Stützen verursachen Oberflächenfehler oder statische Schwächen. -
Nicht dokumentierte Ausführung
Fehlende Nachweise über eingebaute Materialien oder unsichtbare Bauteile (z. B. Rohrführungen) erschweren Gewährleistungsprozesse.
Maßnahmen zur Qualitätssicherung:
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Regelmäßige Baustellenkontrollen
Durch Bauleitung, Projektsteuerer oder externe Sachverständige – mit Checklisten, Fotos und Prüfberichten. -
Betonprüfungen und Bewehrungskontrollen
Vor der Betonage erfolgt eine Abnahme der Bewehrung, ggf. durch Dritte. Frischbeton wird auf Konsistenz, Luftgehalt und Festigkeit geprüft. -
Trocknungs- und Schutzmaßnahmen
Witterungsschutz, Trocknungszeiten einhalten, Winterbeton verwenden – je nach Jahreszeit. -
Baubegleitende Dokumentation
Digitale Bautagebücher, Fotodokumentationen und Planfreigaben sichern nachweislich ab, was wann und wie gebaut wurde.
Eine funktionierende Qualitätssicherung im Rohbau ist nicht nur eine rechtliche Absicherung, sondern auch ein wirtschaftlicher Erfolgsfaktor: Je weniger Nacharbeiten nötig sind, desto stabiler bleiben Zeit- und Kostenrahmen.
Fazit & Handlungsempfehlung
Der Rohbau ist weit mehr als die Errichtung von Wänden und Decken – er ist das Fundament für die Qualität, Termin- und Kostensicherheit des gesamten Bauprojekts. In dieser Phase werden die Weichen gestellt: für Stabilität, Präzision und einen reibungslosen weiteren Bauablauf.
Die Vielzahl an Gewerken, Schnittstellen und externen Einflüssen wie Wetter oder Materialverfügbarkeit machen den Rohbau besonders anspruchsvoll. Wer hier mit Sorgfalt, Struktur und Weitblick arbeitet, kann nicht nur Mängel vermeiden, sondern schafft auch eine belastbare Grundlage für alle Folgegewerke – vom Ausbau bis zur Endabnahme.
Moderne Bauunternehmen setzen daher zunehmend auf digitale Unterstützung: Projektsoftware, digitale Checklisten, Fotodokumentation und strukturierte Protokollierung helfen dabei, Qualität, Termine und Abläufe zuverlässig zu sichern.
Wenn du als Bauträger oder Projektverantwortlicher diese Prozesse effizient steuern und dokumentieren möchtest, lohnt sich ein Blick auf integrierte Lösungen wie AMADEUS.X – eine Software, die nicht nur das Projekt, sondern auch die Qualität im Blick hat.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zum Rohbau
1. Was zählt alles zum Rohbau?
Zum Rohbau gehören alle tragenden Bauteile eines Gebäudes: Fundamente, Keller, Wände, Decken, Treppen und Dachkonstruktionen – also das komplette Tragwerk ohne Ausbau.
2. Wann ist der Rohbau fertig?
Ein Rohbau gilt als abgeschlossen, wenn das Tragwerk vollständig steht, das Dach aufgesetzt ist und das Gebäude witterungsgeschützt ist – meist vor Beginn des Ausbaus.
3. Wie lange dauert ein Rohbau?
Die Dauer hängt stark von Bauweise, Größe und Wetter ab. Ein Einfamilienhaus dauert ca. 4–8 Wochen, ein Mehrfamilienhaus 2–4 Monate, gewerbliche Bauten deutlich länger.
4. Wer ist für die Qualität im Rohbau verantwortlich?
Bauleiter, Nachunternehmer und ggf. externe Sachverständige. Der Auftraggeber trägt die Gesamtverantwortung, die Ausführungspflicht liegt bei den ausführenden Unternehmen.
5. Was kostet der Rohbau im Verhältnis zum Gesamtbau?
Je nach Bauweise macht der Rohbau rund 40–50 % der Gesamtbaukosten aus. Er ist damit der größte Einzelkostenblock innerhalb der Bauphase.
6. Muss der Rohbau abgenommen werden?
Ja. Vor dem weiteren Ausbau findet in der Regel eine Rohbauabnahme statt – oft mit dem Architekten, Statiker oder Sachverständigen. Sie dokumentiert den Zustand und regelt die Haftung.