Deutsche Immobilienstatistiken? FEHLANZEIGE!

Nahezu für alle Lebensbereiche gibt es aussagekräftige Datensammlungen. Nur für die Immobilienwirtschaft ist solches Zahlenmaterial nicht verfügbar.

Im Rahmen eines Pilotprojekts von Eurostat arbeitet das Statistische Bundesamt derzeit daran, einen regelmäßigen „Häuserpreisindex“ zu erstellen.

Die Berechnung und Veröffentlichung statistischer Daten zur Immobilienwirtschaft ist längst überfällig. Denn obwohl die Immobilienwirtschaft einer der wichtigsten Sektoren der deutschen Volkswirtschaft ist, ist die Datenlage ausgesprochen schlecht. Die Frage nach dem Gesamtwohnungsbestand in Deutschland ist nur schwer zu beantworten weil es keine Daten zu Umnutzungen oder Zusammenlegungen von Wohnungen gibt.

Auch was die Entwicklung der Leerstände bei Büroflächen oder der Mieten bei Einzelhandelsimmobilien anbelangt, gibt das Statistische Jahrbuch keine Auskunft.

Ohne die Ermittlungen einzelner Maklerhäuser gäbe es gar keine Zahlen dazu.

Vorbild Ausland

Wie unbefriedigend die Situation ist, zeigte vor wenigen Monaten die Antwort der Bundesregierung auf eine Große Anfrage der CDU/CSU-Fraktion zur Rolle der Immobilienwirtschaft. Bei fast allen Einzelfragen nach Zahlen und Daten musste die Regierung passen, obwohl sie hierfür einen großen wissenschaftlichen Apparat hat. In Ländern wie den USA, Großbritannien und den Niederlanden gibt es öffentliche Statistiken zu diesen Themen. Dort werden beispielsweise alle Kauffälle bei verschiedenen Immobilienarten jedes Quartal veröffentlicht. In Deutschland kann man dagegen nicht einmal ermitteln, wie viele Arbeitsplätze an einem der bedeutendsten Wirtschaftssektoren hängen oder welche Steuereinnahmen durch den Bau zusätzlicher Wohnungen generiert würden.

Es ist kein Wunder, wenn auf dieser völlig unzureichenden Datenbasis immer wieder eklatante Fehlentscheidungen – etwa der Steuerpolitik – bei immobilienwirtschaftlichen Fragestellungen zu beklagen sind. Es gibt verlässliche Daten über Eier, die pro Henne und Tag gelegt werden, sowie über Anbauflächen unter Glas für Blumen und Ziergehölze zum Schnitt oder auch über Anbauflächen auf dem Freiland für Gehölze zum Grün- und Blütenschnitt. Wie viele Arbeitsplätze bei von der Immobilienwirtschaft abhängen, kann die Regierung, abgesehen von Branchenschätzungen, aber nicht nennen: Das bedürfe umfangreicher Verflechtungsanalysen, die der Bundesagentur für Arbeit derzeit nicht vorliegen.

Auch das Statistische Bundesamt könne dazu keine Aussage treffen. Zu Gewerbetreibenden in der Immobilienwirtschaft, zur gesamtwirtschaftlichen Leistung der immobiliennahen Dienstleistungen oder zu jährlichen Steuereinnahmen durch Immobilientransaktionen gibt es auch keine Statistiken. Seit den 90er Jahren keine aktuellen Daten mehr Immer wieder wird darüber debattiert, ob Steuereinnahmen aus Vermietung und Verpachtung im Saldo positiv oder negativ seien. In der Antwort der Bundesregierung werden ausschließlich Zahlen aus den 90er Jahren zitiert.

Doch die sind in keiner Weise repräsentativ: Bekanntlich waren die 90er die Hochzeit des Fördergebietsgesetzes, als die Sonderabschreibungen für Investitionen in den neuen Bundesländern dafür sorgten, dass Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung unterm Strich negativ blieben. Ohne verlässliche Zahlen kann weder die Immobilienwirtschaft planen noch sind sachgerechte politische Entscheidungen möglich. Es ist zu hoffen, dass der Häuserpreisindex ein Anfang ist, der dazu führt, dass der Immobilienmarkt statistisch sehr viel besser erfasst wird.

Von Jürgen Michael Schick, Vizepräsident IVD

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